Schallstreuung
Schallstreuung
Die heutige Raumgestaltung ist von glatten Oberflächen, rechten Winkeln und parallelen Wänden geprägt. Der Schall wird daher hauptsächlich reflektiert und damit einhergehend häufig in zu geringem Maße gestreut. Zwischen schallharten Wänden und Fenstern sowie zwischen Boden und Decke werden die Schallwellen hin und her reflektiert. Der sogenannte Nachhall, der dadurch entsteht, kann durch den Einsatz von Schallabsorbern in Bezug auf Abklingzeit verringert werden. Häufig sind aber alle parallelen Paare von Wänden mit Schallabsorbern versehen. Wenn ein solcher beispielsweise nur an der Decke angebracht ist, wird ein beträchtlicher Teil der Schallwellen zwischen den schallharten Wänden mehrfach reflektiert ohne auf die Decke zu treffen. Es entsteht eine spezielle Form von Nachhall, die als Flatterecho bezeichnet wird und im Allgemeinen schlecht für die Raumakustik ist. Flatterecho ist nämlich wie jede Form von Nachhall der Sprachverständlichkeit abträglich.
Für die Lösung solcher Probleme gibt es drei Möglichkeiten: Schallabsorption, diffuse Streuung und schräge Reflektoren. Erstere kann – wie bereits erwähnt – unzureichend sein, wenn nicht an jeweils einer zweier gegenüberliegender Raumseiten Absorber angebracht sind. In einem solchen Fall können Reflektoren (beispielsweise eine Holzspanplatte von 2 mal 2 Metern) schräg platziert werden, sodass die Schallwellen gezielt in Richtung eines Absorbers gelenkt werden. Einen ähnlichen Effekt haben konvexe Flächen (Wölbung nach außen), da sich durch die Krümmung der Fläche die reflektierten Schallwellen je nach Auftreffpunkt in ganz verschiedene Richtungen ausbreiten. Konkave Flächen sind allerdings wiederum schlecht für die Raumakustik, da sie dafür sorgen, dass die Schallintensität in einem bestimmten Bereich besonders hoch ist und überall sonst besonders niedrig. Hier konzentrieren sich die reflektierten Wellen durch die Wölbung nach innen nämlich in eine Richtung.
Diffuse Streuung kann die Raumakustik dadurch verbessern, dass sie Schall im Raum verteilt und so mehrfache Reflexionen zwischen zwei schallharten Wänden unterbindet sowie Schallwellen hin zu absorbierenden Flächen leitet. Wie lässt sich diffuse Streuung erzeugen? Es gibt zwei Techniken, Schallstreuung zu erzeugen. Schallstreuung geschieht zum einen dann, wenn Schallwellen auf ein Objekt oder eine Oberflächenstruktur treffen, dessen/deren Maße in einem ganz bestimmten Verhältnis zur Wellenlänge des Schalls stehen. Mindestens eine Dimension muss mindestens halb so groß wie die Wellenlänge des Schalls sein, im besten Fall gleich groß. Deutlich kleinere Strukturen sind „akustisch unsichtbar“, was bedeutet, dass sie von Schallwellen ohne nennenswerte Streuung oder Reflektion passiert werden. Deutlich größere Strukturen (z.B. Wände und Decken) reflektieren den Schall. Gemäß diesem Prinzip sind die meisten Diffusoren Aneinanderreihungen von Strukturen, deren Abmessungen die Streuung bestimmen. In der folgenden beispielhaften Abbildung 1 sind die Strukturen dreieckförmig, sie können aber ebenso quadratisch oder zylindrisch sein.
Wie Strukturtiefe d, Strukturperiode g und Strukturbreite b gewählt werden müssen, um optimale Streuung zu erzielen, ist von dem Frequenzbereich der Schallereignisse abhängig, die man zerstreuen will. Die Strukturperiode g sollte etwa gleich groß wie die Wellenlänge sein, die Strukturbreite b im Fall von zylindrischen oder dreieckigen Strukturen im besten Fall gleich der Strukturperiode (d.h. es sollten anders als in der Abbildung keine oder nur kleine Räume zwischen den Strukturelementen geben) und die Strukturtiefe d 0,3- bis 0,5-mal so groß wie die Breite. Wenn es darum geht, die Sprachverständlichkeit in einem Raum durch Schallstreuung zu verbessern, sollte die Strukturperiode beispielsweise einen halben Meter betragen, da unsere Sprache hauptsächlich im Frequenzbereich 500 bis 1000 Hz liegt.
Die zweite Streuungstechnik ist der Schroeder-Diffusor. Dieser ist eine Aneinanderreihung unterschiedlich tiefer, kastenförmiger Hohlräume (siehe Abbildung 2). Die Schallwellen werden zwar an diesen Hohlräumen reflektiert, allerdings geht aufgrund ihrer differierenden Tiefen mit jeder Reflexion eine Phasenverschiebung um einen entsprechenden Faktor einher. Das Ergebnis ist ein komplexes Feld von Schallwellen, deren Phasen gegeneinander verschoben sind, sodass es zu konstruktiven (gegenseitige Verstärkung von Wellen) und destruktiven Interferenzen (gegenseitige Auslöschung von Wellen) kommt. Die Interferenzen haben zur Folge, dass sich an bestimmten Stellen die Schallenergie erhöht und an anderen verringert. Das Ergebnis ist also eine Streuung des Schalls in unterschiedliche Richtungen. Die größte Strukturtiefe d sollte etwa halb so groß wie die Wellenlänge sein, die der niedrigsten zu streuenden Frequenz zugehört, für welche Streuung gewünscht ist. Da die Wellenlänge λ gleich dem Quotienten aus Schallgeschwindigkeit v (etwa 340 m/s) und Frequenz f ist, kann zur Berechnung der größten Strukturtiefe d die Formel dmax = 170/fmin verwendet werden. Welche sonstigen Strukturtiefen in welcher Anordnung nötig sind, um optimale Diffusität zu gewährleisten, wird auf Grundlage von mathematischen Verteilungsgesetzen berechnet.
Der Frequenzbereich, in dem ein Schroeder-Diffusor für gute Streuung sorgen kann, kann bei richtiger Bauweise zwischen 500 und 6000 Hz liegen. Außerdem ist seine Wirkung durch Rechenverfahren sehr genau modellierbar und in der Praxis durch die Wahl der richtigen Abmessungen sehr gut steuerbar, wohingegen nicht-phasenbasierte Diffusoren in ihrer Wirkung oft unpräzise sind.
