Nachhall
Entstehung von Nachhall
Schallwellen werden beim Auftreffen auf Oberflächen zu gewissen Anteilen absorbiert, reflektiert und gestreut. Der Anteil an Reflektion ist im Vergleich zu demjenigen an Streuung umso höher, je geringer strukturiert eine Oberfläche ist (z.B. Glas). Stark ausgeprägt Oberflächenstrukturen sorgen entsprechend für diffuse Streuung von auftreffenden Schallwellen. Das bedeutet schlicht, dass sich kein Zusammenhang zwischen den Richtungen der einlaufenden und auslaufenden Wellen herstellen lässt.
Aufgrund von Reflexion und Streuung ergeben sich unzählige Wege für Schallwellen, um von der Schallquelle zum Empfänger zu gelangen. Die nachfolgende Abbildung zeigt mehrere mögliche Übertragungswege von Schallwellen von einer Quelle hin zum Empfänger innerhalb eines geschlossenen Raumes.
Die tatsächliche Anzahl von möglichen Übertragungswegen geht aber ins Unendliche, da die Anzahl an möglichen Reflexionen theoretisch nicht limitiert ist. In der Praxis wird jedoch bei jeder Reflexion (die nicht hundertprozentig verläuft) ein Teil des Schalldrucks der Welle absorbiert, sodass er mit der Zeit gegen Null geht und ab einem gewissen Punkt für den Menschen nicht mehr wahrnehmbar ist. Da die zurückgelegte Strecke der Wellen variiert, treffen sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf den Empfänger. Die Nachhallzeit ist als derjenige Zeitpunkt definiert, an dem der Schalldruck der eintreffenden Wellen nur noch 1/1000 des anfänglichen Drucks beträgt bzw. um 60dB abgeschwächt worden ist. Die folgende Darstellung veranschaulicht die Abschwächung des Drucks in Relation zum Ausgangsdruck, aufgetragen auf die Zeit.
Innerhalb eines simplen, z.B. quaderförmigen, differieren die Nachhallzeiten für unterschiedliche Quell- und Empfangspositionen nur in geringem Maße. Je komplexer ein Raum jedoch wird (mehrere Räume, komplexe Form), desto uneinheitlicher wird der Nachhall.
Nachhall ist nicht zu verwechseln mit Echo. Letzteres Phänomen entsteht zwar auch durch Reflektion von Schallwellen, zeichnet sich aber dadurch aus, dass die reflektierte Schallwelle vom Empfänger als eigenständiges akustisches Ereignis wahrgenommen wird. Dazu ist eine gewisse Verzögerung von Entsendung bis Empfang der Schallwelle nötig. Nachhall wird im Gegensatz zu Echo als Fortsetzung des akustischen Ereignisses wahrgenommen.
Ermittlung der Nachhallzeit
Die Nachhallzeit hängt im Wesentlichen vom Innenvolumen des Raumes und der Schallabsorption der Oberflächen ab. Sie lässt sich näherungsweise mit der Sabine-Formel berechnen, welche wie folgt lautet:
T = 0.163 V / A = 0.163 V / ∑ Si αi
wobei:
T = Nachhallzeit des Raums in [s]
V = Nettovolumen des Raums in [m³]
A = ∑ Si αi die gesamte äquivalente Schallabsorptionsfläche im Raum in [m²]
Si sind die einzelnen Oberflächen im Raum in [m²]
αi sind die Schallabsorptionsgrade der einzelnen Oberflächen, ohne Einheit [-]
Die für die Berechnungen benötigten Schallabsorptionsgrade können der Literatur oder Datenblättern der Hersteller von Schallabsorbern entnommen werden.
Bei simpler Raumgeometrie, gleichmäßiger Verteilung der Absorber und geringer Dämpfung ist die Formel oft ausreichend. Wenn die genannten Bedingungen nicht gegeben sind, wird die komplexere Eyring-Formel verwendet. Diese liefert genauere Ergebnisse:
T = -0.161 * (V / (Sges * ln(1 – αRaum)))
Wobei:
αRaum - räumlich gemittelter Absorptionsgrad
Sges - gesamte Oberfläche aller Raumbegrenzungen in m²
V - Raumvolumen
Da die Nachhallzeit frequenzabhängig wird, werden jeweilige Nachhallzeiten für bestimmte Frequenzbereiche berechnet. Meist ist vor allem der Bereich der sechs Oktavbänder von 125 Hz bis 4 kHz relevant, da sich in diesem ein Großteil der menschlichen Sprache abspielt.
Die Nachhallzeit kann auch messtechnisch durch Schallpegelmesser und Impulsantwort-Analyse-Systeme ermittelt werden. Bei dieser Methode wird ein kurzzeitiger Schallimpuls in den Raum abgegeben und die Abklingdauer gemessen.
Das Problem mit Nachhall
Eine zu hohe Nachhallzeit kann negative Auswirkungen auf die die physische und psychische Gesundheit haben. So kann sie im Menschen Stress und Unwohlsein auslösen, da das Gehirn mit der Verarbeitung der Flut an reflektiertem und gestreutem Schall überfordert wird. Außerdem ist der Lärmpegel höher, je höher die Nachhallzeit ist. Dieser wird in einigen Ausarbeitungen mit Schlafstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht.
Es ist also sehr sinnvoll, Raumstrukturen dahingehend zu optimieren, dass die Nachhallzeit gering ist, um eine akustische Komfortzone zu schaffen.