Die unterschiedlichen Arten der Lüftung
Es gibt mehrere Arten der Lüftung - und wie so oft, gibt es keine, welche ausschließlich positive Eigenschaften hat.
Waren die Bauten früher so undicht, dass diese überhaupt nicht aktiv gelüftet werden mussten hat sich dies in den letzten Jahren immer mehr in Richtung der gasdichten Bauweise, welche verniedlichend als luftdicht beschrieben wird, hin entwickelt.
Einerseits verhindert die Luftdichtigkeit, dass die von der Heizung erwärmte Luft unkontrolliert nach außen entweicht, was sich erst einmal positiv im Geldbeutel auswirkt und auch die Umwelt entlastet. Andererseits werden auch Feuchtigkeit, Schadstoffe und andere Bestandteile der Luft nicht mehr automatisch hinausgelüftet. Dies führt nicht nur zu vielen Schäden am Bau, dies führt auch dazu, dass wir unsere Gesundheit massiv belasten.
Von daher ist ein Lüftungsmanagement heutzutage absolut notwendig und sollte in der "Lernphase" der Nutzer unbedingt von geeigneten Raumklimawächtern (z. B. Wöhler CDL-210) unterstützt werden.
Leider sind unsere Sinne nicht geeignet, schlechte Luft unmittelbar wahrzunehmen - schließlich ist dies eine Erfindung der Neuzeit. Wir spüren dies anfangs allenfalls indirekt über Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Antriebslosigkeit. Bei längerer Dauer können Kopfschmerzen oder andere Warnsignale hinzukommen, welche dann irgendwann zu Allergien oder anderen diffusen Symptomatiken, bis hin zu Vergiftungserscheinungen, führen können.
Nachfolgend finden Sie die vier Lüftungsarten, welche im Bau zusammenkommen und am Ende des Artikels eine zusammenfassende Gegenüberstellung.
Manuelle Lüftung
Richtig manuell lüften heißt ganz einfach: Mindestens zwei Fenster an unterschiedlichen Hausseiten gleichzeitig öffnen, um Feuchtigkeit, Kohlenstoffdioxid und Schadstoffe schnell hinauslüften zu können. Vorzugsweise mindestens eine der Raumöffnungen sollte hierfür bodentief sein, damit auch die oftmals bodennah anstehenden Schadstoffe optimal abtransportiert werden können.
Immer wieder zeigt sich, dass insbesondere Wohnungen, welche nur an einer Seite des Hauses Fenster haben und nur manuell gelüftet werden können, besonders anfällig für Schimmel- und Feuchteschäden sind. Der Grund ist, dass sich die notwendige Dauer der Lüftung aufgrund des fehlenden Winddruckes enorm verlängert und die Bauteiloberflächen dabei stark auskühlen.
Reichen bei einer guten Querlüftung im Winter (bei leichtem Wind und tiefen Außentemperaturen) schon 2 - 4 Minuten, um einen Luftaustausch durchzuführen, benötigt eine Wohnung mit nur einem einzelnen schräg gestellten Fenster hierfür bei vergleichbaren Bedingungen mindestens eine Stunde.
Bedenken sollte man dabei, dass die Feuchtigkeit, welche in den Bauteilen oder der Einrichtung gespeichert ist, nicht sofort mit hinausgelüftet wird, sondern erst einmal in die Raumluft gelangen muss. Je größer die Abstände zwischen den einzelnen Lüftungsvorgängen daher sind desto länger dauert dieser Prozess.
Um Heizenergie zu sparen, die Wohnung trocken und schadstoffarm zu halten gilt daher die Regel: Während der Heizperiode häufig und kurz querlüften und die Raumöffnungen (Fenster und Türen) dabei stets ganz öffnen.
Die Regel, dass eine Wohnung drei Mal am Tag gelüftet werden muss, entstammt der Rechtsprechung und hat mit Bauphysik nichts zu tun. Es geht hierbei um die Zumutbarkeit und bezieht sich lediglich auf die Notwendigkeit der Lüftung, während der Abwesenheit der Bewohner tagsüber. Auf jeden Fall muss zusätzlich gelüftet werden, wenn die Wohnung auch tagsüber genutzt wird und natürlich insbesondere direkt nach der Produktion von großen Mengen an Wasserdampf, wie sie beim Duschen, Kochen, Dampfbügeln, etc. entsteht.
Technische Lüftung
Der Anfang der technischen Lüftung liegt in den Abluftanlagen, wie sie z. B. in Rauchabzügen, Dunstabzugshauben oder den Lüftern in innenliegenden Bädern und Toiletten zum Einsatz kommen. Hierbei wird der Raum unter Unterdruck gesetzt und die Frischluft strömt idealerweise über Undichtigkeiten oder bewusst geöffnete Fenster und Türen automatisch nach. Bis 1984 waren die Fugen am Bau in der Regel ausreichend groß bemessen, dass das problemlos möglich war. Seitdem wird die geforderte Luftdichtigkeit des Baus aber immer höher und die Bauteilfugen reichen hierfür nicht mehr aus.
Idealerweise bedeutet hier auch, dass dies nur funktionieren kann, wenn ausreichend groß bemessene Überstromluftöffnungen (z. B. Gitter in der Toilettentür) vorhanden sind, was häufig nicht der Fall ist.
Hinzu kommt, dass ein Unterdruck im Innenraum dazu führen kann, dass die Radon- und Schadstoffbelastung in der Luft ansteigt.
Die Zuluftanlagen drehen das Prinzip um, in dem diese den Raum unter Überdruck setzen. Die Problematik ist die gleiche, wie voran beschrieben. Hinzu kommt, dass dabei die Luftfeuchtigkeit in die Bausubstanz gedrückt wird. Dafür ist die Problematik mit Schadstoffen und Radon deutlich geringer.
Diese beiden Arten der Lüftung sind daher nicht mehr zeitgemäß.
Optimal ist daher eine Lüftungsanlage, welche sowohl die Abluft absaugt, als auch die Zuluft einbläst. Bei guten Anlagen lässt sich das Verhältnis einstellen, so dass man in bestimmten Räumen oder Etagen einen geringen Unterdruck erzeugen kann. Wichtig ist dies beispielsweise bei Schwimmbädern im Haus, wenn man verhindern will, dass die sehr feuchte Luft in umliegende Bereiche eindringen kann.
Mischlüftung
Das sowohl im privaten wie im öffentlichen Bereich am häufigsten verbaute System ist die Mischlüftung.
Ist das System optimal eingestellt wird die Luft im Raum vollständig vermischt. Theoretisch ist dann die Luftqualität (Strömungsgeschwindigkeit, Temperatur, Feuchte, etc.) im Raum überall gleich. Damit es nicht zu Zugerscheinungen kommt müssend die Zuluftöffnungen außerhalb des Aufenthaltsbereiches angeordnet sein.
Da die Zuluft während des Heizbetriebes aufgrund ihrer höheren Wärme leichter ist als die Abluft muss diese währenddessen mit noch höherer Einströmgeschwindigkeit in den Raum geblasen werden. Dadurch stößt diese Art der Lüftung mit zunehmender Höhe der Räume (z. B. in Werkhallen) schnell an ihre Grenzen. Umgekehrt verhält es sich, wenn gekühlte Luft eingeblasen wird. Diese "fällt" dann von oben nach unten, so dass es zu unangenehmen Zugerscheinungen kommt.
In der Praxis zeigt sich, dass dies in sehr vielen (in den meisten?) Fällen nicht der Fall ist. Dann wird zwischen der Zu- und Abluftöffnung an der Decke nur ein wenig die Luft bewegt, ohne dass es zu einer ausreichenden Durchströmung des Raumes kommt. Abhängig ist dies vor allem von der ausreichenden Anströmgeschwindigkeit an den Luftauslässen aber auch von der Möblierung der Raumes, der Beheizung, der Sonneneinstrahlung und weiterer Faktoren.
Die Mischlüftung kann sowohl im Heiz- als auch im Kühlbetrieb eingesetzt werden.
Verdrängungslüftung
Bei der Verdrängungslüftung wird die Zuluft laminar in den Raum eingeblasen und strömt überwiegend auf direktem Weg zu den Auslassöffnungen. Diese Art der Lüftung wird überwiegend durch den thermischen Auftrieb beeinflusst. Verunreinigungen im Raum werden hierdurch von der Strömung gut abgeführt.
Besonders wichtig ist hierbei die genaue Dimensionierung der Anlage. Die Luftdurchlässe sollten dabei nie neben einer leistungsstarken Wärmequelle (z. B. Heizkörper) angeordnet werden. Auch starke Sonneneinstrahlung kann sich störend auf das System auswirken und möglicherweise dazu führen, dass es als ein Mischventilationssystem arbeitet. Außerdem können große, kalte Wand- oder Fensterflächen im Raum dazu führen, dass verunreinigte Luft in den Aufenthaltsbereich zurückströmt.
Quell - oder Induktionslüftung
Bei der Quelllüftung reicht im Gegensatz zur Verdrängungslüftung niedrige Luftgeschwindigkeiten aus und benötigt daher größere Luftauslässe. Die impulsarme Strömung wird überwiegend durch den thermischen Auftrieb (Personen oder andere Wärmequellen) beeinflusst. Ist der induzierte Luftvolumenstrom groß im Vergleich zum Zuluftvolumenstrom, entsteht infolge einer Rückströmung eine Strömung, die der Mischlüftung ähnlich ist.
Das Quelllüftungsprinzip kann als auftriebsgetriebene Form der Verdrängungsströmung gesehen werden. Hierbei strömt die Luft aus großflächigen Auslässen turbulenzarm aus. Aufgrund von Konvektion steigt die Luft überall dort auf, wo Wärmelasten (Personen, Lampen, Geräte) anfallen. Auch bei kleinen Zuluftmengen kann dadurch eine hohe Luftqualität erzielt werden. Eingeblasen wird die Luft im Boden-, abgesaugt wird sie im Deckenbereich.
Zentrale Lüftungsanlage oder dezentral?
Zentrale Anlagen sind ab einer gewissen Größe deutlich preiswerter in der Anschaffung. Dezentrale Anlagen bieten dafür abhängig vom Gerätetyp mehr Einflussmöglichkeiten auf die Steuerung und sind insbesondere bei der Wartung und Hygiene in der Regel einfacher zu handhaben.
Bei zentralen Anlagen fallen häufig insbesondere die Lüftungskanäle negativ auf, welche ohne deren Demontage nicht zu reinigen sind. Kleine Flachkanäle, Kunststoffe oder Aluflexrohre, 90°-Winkel, Undichtigkeiten im System, Verschmutzungen aus der Bauzeit, unzureichende, verschmutzte oder kaputte Filter und viele weitere Faktoren können dazu beitragen, dass das System mehr Schlechtes als Gutes vollbringt. Bezüglich der Wartungs- und Energiekosten ist es positiv, dass es nur einen zentralen Lüfter und eine zentrale Steuerung gibt.
Bei dezentralen Anlagen fallen oft die lauten Lüftergeräusche (insbesondere bei Pendellüftungen) negativ auf. Sind Pendellüftungen nicht richtig eingestellt funktioniert das Prinzip nicht, verschmutzen die Lüfter oder gehen die Lager kaputt können sie nervtötende Geräusche produzieren. Positiv ist, auch hierbei, dass diese leichter sauber zu halten sind, als zentrale Anlagen.
Manuelle Lüftung versus technische Lüftung
Wie in der Einleitung schon beschrieben gibt es keine Lüftungsart, welche ausschließlich Vorteile bietet. Die nachfolgende Aufstellung soll Ihnen die Entscheidung erleichtern, kann aber eine Beratung und sorgfältige Planung nicht ersetzen.
Manuelle Lüftung |
Mischlüftung |
Verdrängungslüftung |
Quell- oder Induktionslüftung |
Vorteile - preiswerteste Art der Lüftung in der Anschaffung |
Vorteile - gute Regulierbarkeit |
Vorteile - hohe Ventilationseffektivität |
Vorteile - hohe thermische Behaglichkeit (Niedrige Luftgeschwindigkeiten und Turbulenzgrade im Aufenthaltsbereich) |
Nachteile - abhängig von Anwesenheit des Nutzers |
Nachteile - Gefahr eines Kurzschlusses insbesondere während der Heizphase (Luftaustausch nur direkt unter der Decke) |
Nachteile - größere Luftmengen als bei der Mischlüftung erforderlich |
Nachteile - beschränkte Kühlleistung für Räume mit hohen thermischen Lasten (Grenze liegt bei ca. 25 W/m² Kühlleistungsbedarf) |
Fazit
Wer eine kontrollierte (technische) Be- und Entlüftung benötigt wird im Privathaus in der Regel zu einer Mischlüftung greifen. Die Frage ob zentral oder dezentral hängt hauptsächlich von den Kosten ab.
Das Wichtigste ist in jedem Fall eine gute Planung und die korrekte Einstellung der Anlage, welche die bestmögliche Durchmischung der Raumluft ermöglicht, die saubere Übergabe an den Endkunden und deren anschließende regelmäßige Pflege (Reinigung, Filtertausch). In unserer gutachterlichen Praxis lagen bisher die meisten der uns bekannt gewordenen Probleme in diesen Parametern.
Grundsätzlich halte ich die weitmöglichste Minimierung der Technik im Bau für den besten Weg, um Probleme zu vermeiden. Nicht im jedem 'Haus wohnt ein Fachingenieur, der in der Lage ist die Anlage zu prüfen, zu warten und zu optimieren. Ein Fenster öffnen kann jeder - es muss nur ausreichend und richtig (stoßartiges Querlüften bei weit geöffneten Fenstern und Türen während der Heizsaison) durchgeführt werden.
Jedes System welches auf die höchstmögliche Effizienz getrimmt wird neigt dazu in einen kritischen Bereich zu kommen. Und unsere moderne Bauweise wird immer effizienter.